Discussion:
Kanonenkugeln (Master & Commander)
(zu alt für eine Antwort)
Johannes Roehl
2005-03-14 18:23:48 UTC
Permalink
Habe gestern zum ersten Mal den wirklich sehenswerten Film "Master and
Commander" angeschaut. Beim ersten überraschenden Angriff der 'Acheron'
aus dem Nebel werfen sich die Leute an Bord der 'Surprise', nachdem sie
das Mündungsfeuer gesehen haben, auf den Boden, gerade noch rechtzeitig.
Ich war zuerst stutzig, mir wurde aber schnell klar, dass ich keine
Ahnung habe, wie schnell eine Kanonenkugel fliegt (anno 1805). Ich kann
auch nicht genau sagen, wie weit die Schiffe voneinander entfernt waren.
Bei einer Geschwindigkeit von 100m/s (360 km/h) bleiben immerhin 2s bei
200m Entfernung. Oder ist so eine Kugel noch wesentlich schneller?
Im Netz finde ich nur versprengte Informationen; Reichweite der Kanonen
war wohl bis zu einer Meile, da hat man aber nichts mehr getroffen,
typische Distanzen bei Seegefechten ca. 400 yds.
Gibt es gute Quellen (Netz oder Bücher) zu historischen (ca. 1600-1850)
Waffen/Geschützen, gerne auch mit technischen/ballistischen Details.

viele Grüße

JR
Nils Berthold
2005-03-14 19:40:31 UTC
Permalink
Post by Johannes Roehl
Gibt es gute Quellen (Netz oder Bücher) zu historischen (ca. 1600-1850)
Waffen/Geschützen, gerne auch mit technischen/ballistischen Details.
Hallo.

Ich habe " Heerwesen der Neuzeit" das ist ziemlich vielseitig, 10 Bändig
und reich an Infos.


Heerwesen der Neuzeit, 10 Bde.von Georg Ortenburg
Anbieter versendet in 1-2 Werktagen.
Alle Angebote ab EUR 89,00
Sondereinband - Bernard & Graefe
Erscheinungsdatum: 1984
ISBN: 3763758135

Habe mal eine treffende Rezession von Amazon.de kopiert :-)

Die Reihe "Heerwesen der Neuzeit" kann, meiner Meinung nach, nur als
durchweg gelungen bezeichnet werden. Die Bände sind in einem sinnvollen
System unterteilt, die Sprache auch für Einsteiger in die Thematik
verständlich. Es werden auch notwendige Verzweigungen in andere Gebiete,
wie eine Abhandlung über die Verarbeitung von Metallen, nicht gescheut, wo
sie sachdienlich sind.
Es wird meistens exemplarisch gearbeitet, ohne sich in detaillreichtum zu
vieler Einzelfakten zu verlieren.

Insgesammt macht die Reihe auch einen sehr serösen Eindruck, da viele
Aussagen durch diverseste Quellen belegt sind und diese gegebenenfalls zur
Vertiefung eines Aspektes empfolen werden.

Die Äußere Qualität ist auch sehr gut. 10 Bände alle in Hardcover
eingebunden überstehen auch häufiges Nachschlagen gut. Für den Preis ein
exellentes Nachschlagewerk für die angegebene Zeit von

1500 bis 1914.

mfg

Nils
Nils Berthold
2005-03-14 21:15:02 UTC
Permalink
Post by Johannes Roehl
Habe gestern zum ersten Mal den wirklich sehenswerten Film "Master and
Commander" angeschaut.
Gibt es gute Quellen (Netz oder Bücher) zu historischen (ca. 1600-1850)
Waffen/Geschützen, gerne auch mit technischen/ballistischen Details.
Habe eben nochmal in den Büchern geschnüffelt, kann jetzt sagen wie eine
Kanone gebaut wird, wie die Teile heißen, was man damit machen kann....etc.
pp.
Auch das 1790 die Reichweite von Kanonen ca. 1300m war kann ich nennen.
Wenn Du möchtest auch eine Abhandlung über den Unterschied Mörser - Kanone
kann ich liefern, den Preis von einem Hühnchen und wieviel Fleisch ein
Ochse bringt..... Möchtest Du wissen welche Kanone, welcher Werfer wieviel
gekostet hat? Ich kann es Dir sagen.

ABER WIE SCHNELL EINE K. KUGEL IST KANN ICH NICHT SAGEN..........

Wirklich sehr ergiebig dieses Werk aber von V0 keine Rede :-)
Sorry

Nils
Andre Ilausky
2005-03-14 22:21:41 UTC
Permalink
Johannes Roehl <***@web.de> wrote:

[...]
Post by Johannes Roehl
Bei einer Geschwindigkeit von 100m/s (360 km/h) bleiben immerhin 2s bei
200m Entfernung. Oder ist so eine Kugel noch wesentlich schneller?
Du Mündungsgeschwindigkeit üblicher "Bälle" lag damals AFAIR bei um
die 420-470 m/s. (Bin mir nicht ganz sicher, wie es bei canister
aussah.) Den Rest kannst du jetzt sicher selbst ausrechnen ;)
Post by Johannes Roehl
Gibt es gute Quellen (Netz oder Bücher) zu historischen (ca. 1600-1850)
Waffen/Geschützen, gerne auch mit technischen/ballistischen Details.
Einer der Klassiker ist wohl 'Treatise on Naval Gunnery' von Douglas
Howard (1855). Nicht so ganz leicht aufzutreiben.
Wolf Ruecker
2005-03-15 20:34:42 UTC
Permalink
Hallo,

eine Menge Infos gibts auf der Seite http://www.bolitho-und-co.de/ zB unter
Links.

Gruß, Wolf
Post by Johannes Roehl
Habe gestern zum ersten Mal den wirklich sehenswerten Film "Master and
Commander" angeschaut. Beim ersten überraschenden Angriff der 'Acheron'
aus dem Nebel werfen sich die Leute an Bord der 'Surprise', nachdem sie
das Mündungsfeuer gesehen haben, auf den Boden, gerade noch rechtzeitig.
Ich war zuerst stutzig, mir wurde aber schnell klar, dass ich keine
Ahnung habe, wie schnell eine Kanonenkugel fliegt (anno 1805). Ich kann
auch nicht genau sagen, wie weit die Schiffe voneinander entfernt waren.
Bei einer Geschwindigkeit von 100m/s (360 km/h) bleiben immerhin 2s bei
200m Entfernung. Oder ist so eine Kugel noch wesentlich schneller?
Im Netz finde ich nur versprengte Informationen; Reichweite der Kanonen
war wohl bis zu einer Meile, da hat man aber nichts mehr getroffen,
typische Distanzen bei Seegefechten ca. 400 yds.
Gibt es gute Quellen (Netz oder Bücher) zu historischen (ca. 1600-1850)
Waffen/Geschützen, gerne auch mit technischen/ballistischen Details.
viele Grüße
JR
Stephan Zahn
2005-03-16 19:34:14 UTC
Permalink
Hi Johannes,

also der Film ist gut, aber nicht wirklich realistisch...
Post by Johannes Roehl
Ahnung habe, wie schnell eine Kanonenkugel fliegt (anno 1805). Ich kann
auch nicht genau sagen, wie weit die Schiffe voneinander entfernt waren.
Bei einer Geschwindigkeit von 100m/s (360 km/h) bleiben immerhin 2s bei
200m Entfernung. Oder ist so eine Kugel noch wesentlich schneller?
Nach meiner Quelle (Noel C. L. Hackney: "HMS Victory" - ein Buch über
Geschichte und Bau eines Modells vom Schiff) hatte ein 12-Pfünder um
1805 eine V-null von:
1600 Fuß/Sekunde
entspricht ca. 490 m/sec
entspricht ca. 1750 km/h

Sie hätten also 1 Sekunde Zeit bei ca. 400 m Gefechtsentfernung. Jetzt
überlege einmal, wie lange Du benötigen würdest: Sehen, begreifen,
hinwerfen, wirklich am Boden ankommen ;)
Andererseits zünden die Kanonen nicht gleichzeitig, also hat man sicher
noch Zeit, sich irgendwie gegen Kanone 2 bis 18 zu schützen.

Es war auf englischen Schiffen meines Wissens nicht üblich, sich im
Gefecht hinzuwerfen. Auf französichen und spanischen um 1800 dagegen
angeblich schon. Man ist auf dem Schiff eben kein Stoppelhopser, der
sich im Gras verstecken kann. Das sog. "Enfilier-Feuer" (Treffer in
Schifflängsrichtung) war vernichtend, besondes gegen das Heck (im Film
wurden sie wohl über den Bug getroffen). Bis zu 50% Mannschaftsverluste
pro Breitseite an Toten und Verletzten waren wohl möglich (Quelle ein
Buch über die Englisch-Holländischen Seekriege im 17. Jhd.). Die Briten
haben um 1800 ganz klar auf eine hohe Schussfrequenz gesetzt und laut
Literatur eine 2-3 fach höhere Schussfrequenz als Franzosen und Spanier
hinbekommen. Auf Schiffen waren damals Verluste möglich, bei denen eine
Landeinheit sich aufgelöst hätte (Beispiel "Redoubtale" bei Trafalgar,
"Revenge" bei den Azoren). Das wird alles stark verniedlicht in dem Film.
Post by Johannes Roehl
Im Netz finde ich nur versprengte Informationen; Reichweite der Kanonen
war wohl bis zu einer Meile, da hat man aber nichts mehr getroffen,
typische Distanzen bei Seegefechten ca. 400 yds.
Gibt es gute Quellen (Netz oder Bücher) zu historischen (ca. 1600-1850)
Waffen/Geschützen, gerne auch mit technischen/ballistischen Details.
Max. Einsatzentfernung im Gefecht war wohl ca. 400m wegen der Streuung
durch Schiffsbewegungen usw. (So ein Schiff war ja permanent am Rollen
und Stampfen und es gab bis ca. 1780 nur Luntenzündung, die man nicht
genau timen kann.) Die angestrebte Entfernung für Wirkungsfeuer war bei
den Briten um 1800 "Pistolenschussweite", also richtig nah ran.

Zur Realität vs. Filmplot: da treffen sich um 1800 2 Schiffe im
Südatlantik und Pazifik auf offener See mehrmals! Lies mal, wie die
damals navigiert sind. - Ich meine, möglich wäre so etwas natürlich -
aber... ;)))

Ich kenne keinen Film, der eine Seeschlacht (Trefferwirkung der Kanonen)
glaubwürdiger zeigt, als "Master & Commander" in der Eingangsschlacht.
Muss mir den Film noch einmal reinziehen, wenn meine Freundin nicht zu
Haus ist (mit Subwoofer und 5.1) :)))

Stephan
Nils Berthold
2005-03-16 19:48:49 UTC
Permalink
Am Wed, 16 Mar 2005 20:34:14 +0100 schrieb Stephan Zahn:

Danke , einiges gelernt.
Post by Stephan Zahn
Sie hätten also 1 Sekunde Zeit bei ca. 400 m Gefechtsentfernung. Jetzt
überlege einmal, wie lange Du benötigen würdest: Sehen, begreifen,
hinwerfen, wirklich am Boden ankommen ;)
Andererseits zünden die Kanonen nicht gleichzeitig, also hat man sicher
noch Zeit, sich irgendwie gegen Kanone 2 bis 18 zu schützen.
Will keine grosse Diskussion aber wenn eine Kanonenkugel um 1790 ca. 1300m
weit flog (meine Lit.), dann hat sie doch bei 400m schon eine ziemliche
Strecke 1/3 hinter sich. Gings da nicht schon wieder abwärts?? Auch mit der
Geschwindigkeit??!! Ausserdem... bei dem DURCHMESSER??

Wenn jetzt aus einer Sekunde 1,2 werden ists ja relativ egal, aber im TV
haben die mal eine Kanone aus der Zeit getestet, (sogar wegen dem Film
glaub ich!!)) (Welt der Wunder)).... da kannste der Kugel aber von hinten
zugucke wie die fliegt. Wie ne frühe Leuchtspur, nur ohne Leuchten :-)

Würde mich mal Interessieren (Kugel und Schall zusammen beim Feind??)

Nils
Josef Suckart
2005-03-17 09:05:51 UTC
Permalink
Post by Nils Berthold
Wenn jetzt aus einer Sekunde 1,2 werden ists ja relativ egal, aber im TV
haben die mal eine Kanone aus der Zeit getestet, (sogar wegen dem Film
glaub ich!!)) (Welt der Wunder)).... da kannste der Kugel aber von hinten
zugucke wie die fliegt. Wie ne fr?he Leuchtspur, nur ohne Leuchten :-)
Das kann man sogar bei schnellen Geschossen aus dem Gewehr, wenn das Licht
(Sonne) günstig von hinten einfällt.

Gruß,
Sepp
Pascal Steiss
2005-03-17 18:54:29 UTC
Permalink
Post by Josef Suckart
Das kann man sogar bei schnellen Geschossen aus dem Gewehr, wenn das
Licht (Sonne) günstig von hinten einfällt.
V.A. bei 9mm Pistolenkugeln sieht man das recht gut.
Nils Berthold
2005-03-17 19:01:51 UTC
Permalink
Moin.

Jaaa, aber nicht so wie bei der Kanonenkugel.

Hmm.... schon mal mit Armbrust oder Bogen geschossen???

Das liesse sich vergleichen.
Oder die Tontauben.

So ein Mittelding zwischen Armbrustpfeil und Tontaube.... also selbst von
der Seite ist der Flug noch zu sehen.

Der Vergleich hinkt zwar aber nicht doll, liegt aber wohl auch an der Große
des Geschosses.

Nils
Pascal Steiss
2005-03-18 18:54:25 UTC
Permalink
Nachtrag:

Panzergranaten verschossen aus einem Leo 2 sieht man auch (Rauch stört
jedoch)

Was ist das - 76 mm?
Pascal Steiss
2005-03-18 18:54:54 UTC
Permalink
Post by Pascal Steiss
Was ist das - 76 mm?
sorry - 120 mm natürlich
Pascal Steiss
2005-03-18 18:57:18 UTC
Permalink
Post by Nils Berthold
Moin.
Jaaa, aber nicht so wie bei der Kanonenkugel.
Hmm.... schon mal mit Armbrust oder Bogen geschossen???
Wie schnell fliegen die Pfeile von Bogen resp. die Boltzen von Armbrust
eigentlich?
Ich meine v_0

Gruss
Pascal
Ralf Schmode
2005-03-19 10:24:03 UTC
Permalink
Post by Pascal Steiss
Wie schnell fliegen die Pfeile von Bogen resp. die Boltzen von Armbrust
eigentlich?
Ich meine v_0
Moin, Pascal,

das hängt sehr vom Zuggewicht des Bogens und dem Gewicht des Pfeils bzw.
Bolzens ab. 60 bis 90 m/s deckt das ganz gut ab, wobei die Armbrust eher
im Bereich von 90, der Bogen eher im Bereich von 70-80 liegen dürfte.

Gruß - Ralf
--
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"Best of" portfolio: http://www2.fotocommunity.de/pc/pc.php4?mypics=254
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Mein "Abenteuer", Reiten zu lernen: http://schmode.net/reiten.htm
Josef Suckart
2005-03-17 09:03:43 UTC
Permalink
Nach meiner Quelle (Noel C. L. Hackney: "HMS Victory" - ein Buch ?ber
Geschichte und Bau eines Modells vom Schiff) hatte ein 12-Pf?nder um
1600 Fu?/Sekunde
entspricht ca. 490 m/sec
entspricht ca. 1750 km/h
Wie wurde die V-null damals gemessen?
Sie h?tten also 1 Sekunde Zeit bei ca. 400 m Gefechtsentfernung. Jetzt
?berlege einmal, wie lange Du ben?tigen w?rdest: Sehen, begreifen,
hinwerfen, wirklich am Boden ankommen ;)
irgendwas deutlich unter 1 Sekunde. Du wirst ja nicht überrascht, sondern erwartest
das Feuer und hast Deckung nehmen trainiert.

Gruß,
Sepp
Stephan Zahn
2005-03-17 18:28:32 UTC
Permalink
Post by Josef Suckart
1600 Fu?/Sekunde
Wie wurde die V-null damals gemessen?
Das Buch war modern (20. Jhd.) - wie die zu der V-null kommen, weiss ich
nicht und das ist genau das Problem der zuverlässigen Daten.

Selbst eine V-null um die 300m/sec ist Schallgeschwindigkeit. Und die
Dinger sollen ja 1m Holz durchschlagen haben (Bordwand inkl. Spanten).
Post by Josef Suckart
ueberlege einmal, wie lange Du ben?tigen w?rdest: Sehen, begreifen,
hinwerfen, wirklich am Boden ankommen ;)
irgendwas deutlich unter 1 Sekunde. Du wirst ja nicht überrascht,
Wie dem auch sei, die Schüsse nach dem 1. Schuss lösen sich ja auch mit
Verzögerung. Also werden die schon irgendwie reagieren können. Ich
zweifle nur, ob es sinnvolle Reaktionen gegen Kanonenbeschuss auf den
Holzseglern gab. Wir werden es wohl (glücklicherweise) niemals selbst
ausprobieren müssen.

cu Stephan
Nils Berthold
2005-03-17 18:49:46 UTC
Permalink
Post by Stephan Zahn
Wie dem auch sei, die Schüsse nach dem 1. Schuss lösen sich ja auch mit
Verzögerung. Also werden die schon irgendwie reagieren können. Ich
zweifle nur, ob es sinnvolle Reaktionen gegen Kanonenbeschuss auf den
Holzseglern gab.
Moin.

War wohl auch nicht vorgesehen. Die Mannschaft an Bord eines solchen
Schiffes hatte nur eine Aufgabe. Das Schiff von A nach B zu bringen. Und an
Punkt B alles zu tun damit das Schiff nicht untergeht.
Ich meine da zählte das Schiff als Ganzes. Der Seesoldat sollte nur
Arbeiten und beim Kampf zusehen das Schiff heil rauskommt.
Das Ducken und vor den Kugeln verstecken, bzw. das Angreifen und Gegner
ausmanövrieren das war Aufgabe des Kaptains und zwar für das ganze Schiff.

Aber das lag wohl an der Zeit.
Siehe:
Die Landstreitkräfte. Mit Flöten und Trommeln unverrückbar in Reih und
Glied. Vormarsch, rein in den Kugelhagel.
Keine 30 Meter mehr vom Feind weg, zuschauen wie dieser gerade mit Laden
fertig ist und Anlegt.
Gezählt hat da nur die Formation, die Gruppenbewegung.
Vor und Nachteile hat nur der Feldherr zu Verantworten gehabt, auch hier
für die ganze Armee.

br

Nils
Frank Hucklenbroich
2005-03-18 09:26:48 UTC
Permalink
Post by Stephan Zahn
Ich
zweifle nur, ob es sinnvolle Reaktionen gegen Kanonenbeschuss auf den
Holzseglern gab.
Es gab wohl solche Netze, die zumindest an Deck die Splitter abfangen
sollten. Gegen einen Volltreffer mit Kugeln haben die natürlich nichts
genützt, wohl aber gegen herabfallende Teile der Masten u.s.w..

Grüße,

Frank
Pascal Steiss
2005-03-19 06:34:55 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Es gab wohl solche Netze, die zumindest an Deck die Splitter abfangen
sollten. Gegen einen Volltreffer mit Kugeln haben die natürlich
nichts genützt, wohl aber gegen herabfallende Teile der Masten
u.s.w..
Splitter von was?
Waren die Kanonenkugeln schon mit Schwarzpulver gefüllt?

Splitter von zerborstenem Holz?
Stephan Zahn
2005-03-19 08:00:23 UTC
Permalink
Post by Pascal Steiss
Splitter von was?
Waren die Kanonenkugeln schon mit Schwarzpulver gefüllt?
Nix da! Schön massiv aus Eisen :)))
Erste Explosivgeschosse gegen Schiffe gabe es erst nach ca. 1820.
Post by Pascal Steiss
Splitter von zerborstenem Holz?
Ja, davon flog (scheint es) genug rum.
Die Netze waren aber über dem Deck aufgespannt zum Schutz vor Teilen der
Takelage, die u.U. herunterkamen.

Gegen die Holzsplitter durch Treffer in die Bordwand wurden an Deck in
speziellen Netzen die Hängematten verstaut (als Splitter- und
Kugelfang). Aber gegen durchschlagende Treffer im Rumpfbereich kannst Du
halt nicht mehr viel tun...

Naja, die Zeiten sind ja nun vorbei. Viel Spass am Wochenende,

Stephan
Peter Prucker
2005-03-21 06:27:02 UTC
Permalink
Post by Pascal Steiss
Post by Frank Hucklenbroich
Es gab wohl solche Netze, die zumindest an Deck die Splitter abfangen
sollten. Gegen einen Volltreffer mit Kugeln haben die natürlich
nichts genützt, wohl aber gegen herabfallende Teile der Masten
u.s.w..
Splitter von was?
Waren die Kanonenkugeln schon mit Schwarzpulver gefüllt?
Ja, teilweise.
Zündung mittels in das Loch der Kugel geschlagene Brennzünder aus Holz.

Die Dinger waren beim Kaliber um 10 cm an die 8 cm, mit einem langsamen
Brennsatz gefüllt und wurden vor dem Abfeuern gefühlsmäßig mit einer
Säge gekürzt. Die Kugel mußte genau geladen werden, die Verdämmung
bestand aus Heu (Standard damals im Feld). Aufschlagzünder sind nicht
bekannt.

Ob allerdings Schiffsgeschütze auch solche Dinger hatten, weiß ich
nicht. Die veschossen möglicherweise lieber Kettenkugeln, die auch
sauber abräumten und gerne Mast und Segel mitnahmen.

P.Prucker
Pascal Steiss
2005-03-21 10:59:43 UTC
Permalink
Post by Peter Prucker
Ob allerdings Schiffsgeschütze auch solche Dinger hatten, weiß ich
nicht. Die veschossen möglicherweise lieber Kettenkugeln, die auch
sauber abräumten und gerne Mast und Segel mitnahmen.
Ach Du sch... - die waren ja richtig erfindungsreich.
Wie lange war so eine Kette denn ungefähr resp. wie weit waren die
Kanonenkugeln durchschnittlich seitlich voneinander entfernt?

Pascal
Peter Prucker
2005-03-21 21:05:04 UTC
Permalink
Post by Pascal Steiss
Post by Peter Prucker
Ob allerdings Schiffsgeschütze auch solche Dinger hatten, weiß ich
nicht. Die veschossen möglicherweise lieber Kettenkugeln, die auch
sauber abräumten und gerne Mast und Segel mitnahmen.
Ach Du sch... - die waren ja richtig erfindungsreich.
Wie lange war so eine Kette denn ungefähr resp. wie weit waren die
Kanonenkugeln durchschnittlich seitlich voneinander entfernt?
Wir haben leider noch keine praktische Erfahrung damit, aber irgendwann
werden wir wohl doch die ersten Tests zur praktisch-historischen
Forschung durchführen.

Auf Berichte kann man sich aller Erfahrung nach nur wenig verlassen, die
sind oft geschönt.

MfG
P.Prucker
Johannes Roehl
2005-03-21 11:38:56 UTC
Permalink
Post by Peter Prucker
Post by Pascal Steiss
Post by Frank Hucklenbroich
Es gab wohl solche Netze, die zumindest an Deck die Splitter abfangen
sollten. Gegen einen Volltreffer mit Kugeln haben die natürlich
nichts genützt, wohl aber gegen herabfallende Teile der Masten
u.s.w..
Splitter von was?
Waren die Kanonenkugeln schon mit Schwarzpulver gefüllt?
Ja, teilweise.
Zündung mittels in das Loch der Kugel geschlagene Brennzünder aus Holz.
Die Dinger waren beim Kaliber um 10 cm an die 8 cm, mit einem langsamen
Brennsatz gefüllt und wurden vor dem Abfeuern gefühlsmäßig mit einer
Säge gekürzt. Die Kugel mußte genau geladen werden, die Verdämmung
bestand aus Heu (Standard damals im Feld). Aufschlagzünder sind nicht
bekannt.
Ob allerdings Schiffsgeschütze auch solche Dinger hatten, weiß ich
nicht. Die veschossen möglicherweise lieber Kettenkugeln, die auch
sauber abräumten und gerne Mast und Segel mitnahmen.
Ziel war jedenfalls, den Gegner manövrierunfähig zu machen, wie auch
immer. Habe inzwischen nochmal die beiden ersten Hornblower-Bände
gelesen. Ein besonderes Schmankerl war das Erhitzen der Kugeln (red hot
shot), was allerdings nur von Land gegen Schiffe gemacht wurde. Vom
Schiff aus war es zu riskant.
Streugeschosse (wie immer man das genau nennt) wurden mit kleineren
Geschützen auf kurze Distanz gefeuert, etwa um ein Quarterdeck "leerzufegen"

viele Grüße

JR
--
Philosophers, like shampoo manufacturers, would always like to call
their products 'natural'.
(P. Godfrey-Smith)
Stephan Lahl
2005-03-21 12:47:56 UTC
Permalink
Post by Johannes Roehl
Streugeschosse (wie immer man das genau nennt) wurden mit kleineren
Kartätschen.
Alexander Schreiber
2005-03-21 22:59:24 UTC
Permalink
Post by Pascal Steiss
Post by Frank Hucklenbroich
Es gab wohl solche Netze, die zumindest an Deck die Splitter abfangen
sollten. Gegen einen Volltreffer mit Kugeln haben die natürlich
nichts genützt, wohl aber gegen herabfallende Teile der Masten
u.s.w..
Splitter von was?
Waren die Kanonenkugeln schon mit Schwarzpulver gefüllt?
Granaten gab es schon recht früh in der Artillerie: hohle Eisenkugeln
mit Schwarzpulver gefüllt und durch Brennzünder gezündet.
Post by Pascal Steiss
Splitter von zerborstenem Holz?
In dem Falle die wohl eher - mit dem Abfangen von Eisensplittern dürfte
sich ein Netz doch eher schwer tun.

Man liest sich,
Alex.
--
"Opportunity is missed by most people because it is dressed in overalls and
looks like work." -- Thomas A. Edison
Johannes Roehl
2005-03-17 10:45:37 UTC
Permalink
Post by Stephan Zahn
Post by Johannes Roehl
Ahnung habe, wie schnell eine Kanonenkugel fliegt (anno 1805). Ich
kann auch nicht genau sagen, wie weit die Schiffe voneinander entfernt
waren. Bei einer Geschwindigkeit von 100m/s (360 km/h) bleiben
immerhin 2s bei 200m Entfernung. Oder ist so eine Kugel noch
wesentlich schneller?
Nach meiner Quelle (Noel C. L. Hackney: "HMS Victory" - ein Buch über
Geschichte und Bau eines Modells vom Schiff) hatte ein 12-Pfünder um
1600 Fuß/Sekunde
entspricht ca. 490 m/sec
entspricht ca. 1750 km/h
Sie hätten also 1 Sekunde Zeit bei ca. 400 m Gefechtsentfernung. Jetzt
überlege einmal, wie lange Du benötigen würdest: Sehen, begreifen,
hinwerfen, wirklich am Boden ankommen ;)
Andererseits zünden die Kanonen nicht gleichzeitig, also hat man sicher
noch Zeit, sich irgendwie gegen Kanone 2 bis 18 zu schützen.
Es war auf englischen Schiffen meines Wissens nicht üblich, sich im
Gefecht hinzuwerfen. Auf französichen und spanischen um 1800 dagegen
angeblich schon. Man ist auf dem Schiff eben kein Stoppelhopser, der
Irgendwo las ich, dass durch Musketenfeuer aus den Masten gezielt
versucht wurde, Offiziere auf dem quarterdeck zu treffen, sozusagen das
Hirn des feindlichen Schiffes. Der Ehrenkodex gebot, dass Offiziere
anhand ihrer Uniform klar erkennbar waren.
Post by Stephan Zahn
sich im Gras verstecken kann. Das sog. "Enfilier-Feuer" (Treffer in
Schifflängsrichtung) war vernichtend, besondes gegen das Heck (im Film
wurden sie wohl über den Bug getroffen). Bis zu 50% Mannschaftsverluste
pro Breitseite an Toten und Verletzten waren wohl möglich (Quelle ein
Buch über die Englisch-Holländischen Seekriege im 17. Jhd.). Die Briten
haben um 1800 ganz klar auf eine hohe Schussfrequenz gesetzt und laut
Literatur eine 2-3 fach höhere Schussfrequenz als Franzosen und Spanier
hinbekommen. Auf Schiffen waren damals Verluste möglich, bei denen eine
Landeinheit sich aufgelöst hätte (Beispiel "Redoubtale" bei Trafalgar,
"Revenge" bei den Azoren). Das wird alles stark verniedlicht in dem Film.
Inwiefern? Ich finde den Film schon ziemlich brutal, nicht niedlich. Es
kommt wegen des Nebels ja zu keinem richtigen Gefecht. Sie manövrieren
schnell so, dass der Feind sie nur noch mit den Heckgeschützen erreichen
kann. Dazu war ja ein Probleme die größere Reichweite der Kanonen der
Acheron. Die Distanz muß also beträchtlich gewesen sein. Bei normaler
Gefechtsdistanz hätte die Surprise zwar auch verloren, aber immerhin
eine Chance gehabt, zu kontern.
Post by Stephan Zahn
Zur Realität vs. Filmplot: da treffen sich um 1800 2 Schiffe im
Südatlantik und Pazifik auf offener See mehrmals! Lies mal, wie die
damals navigiert sind. - Ich meine, möglich wäre so etwas natürlich -
aber... ;)))
Es ist ja ein zentrales Element des Filmes, dass diese Begegnung nicht
wirklich plausibel, sondern verstörend rätselhaft sind. Abgesehen davon
liegen die vernünftigen Kurse durch die Wind- und Wetter-Verhältnisse
weitgehend fest; so seltsam ist es also vielleicht doch nicht.
Post by Stephan Zahn
Ich kenne keinen Film, der eine Seeschlacht (Trefferwirkung der Kanonen)
glaubwürdiger zeigt, als "Master & Commander" in der Eingangsschlacht.
Muss mir den Film noch einmal reinziehen, wenn meine Freundin nicht zu
Haus ist (mit Subwoofer und 5.1) :)))
Also doch realistisch?

viele Grüße

JR
Stephan Zahn
2005-03-17 18:12:06 UTC
Permalink
Post by Johannes Roehl
Irgendwo las ich, dass durch Musketenfeuer aus den Masten gezielt
versucht wurde, Offiziere auf dem quarterdeck zu treffen, sozusagen das
Hirn des feindlichen Schiffes. Der Ehrenkodex gebot, dass Offiziere
anhand ihrer Uniform klar erkennbar waren.
Jepp, das waren noch Zeiten :)
Post by Johannes Roehl
Inwiefern? Ich finde den Film schon ziemlich brutal, nicht niedlich. Es
kommt wegen des Nebels ja zu keinem richtigen Gefecht. Sie manövrieren
Ja, Geschmacksache. Ich glaube aber auch, dass man mit mehr Brutalität
im Film nichts gewonnen hätte. Ist schon OK so. Bei meinem ersten Flug
im "Red Baron" (1992/93 mag das gewesen sein) hatte ich Hemmungen, auf
die anderen Flieger zu schiessen. Habe das Spiel fast wieder
deinstalliert. Heute baller ich Doom3, Americas Army usw. - man härtet
wohl ab :)))
Post by Johannes Roehl
schnell so, dass der Feind sie nur noch mit den Heckgeschützen erreichen
kann. Dazu war ja ein Probleme die größere Reichweite der Kanonen der
Acheron. Die Distanz muß also beträchtlich gewesen sein. Bei normaler
Gefechtsdistanz hätte die Surprise zwar auch verloren, aber immerhin
eine Chance gehabt, zu kontern.
An "Reichweite" glaube ich nicht. Das ist was für einfache Geister. Der
Punkt war wohl eher Durchschlagskraft auf Entfernung und Dicke der
Bordwand. Ist aber für einen Film zu kompliziert...
Post by Johannes Roehl
Post by Stephan Zahn
Ich kenne keinen Film, der eine Seeschlacht (Trefferwirkung der
Kanonen) glaubwürdiger zeigt, als "Master & Commander" in der
Also doch realistisch?
Naja, das beste was ich zum Thema "Artilleriewirkung auf Holzseglern"
kenne. Man denke im Vergleich so an "Freibeuter der Meere" oder "Fluch
der Karibik" (schmunzel)

Den Plot finde ich sinnlos. Aber wer fragt eine sexy Blondine nach ihrem
IQ? ;)))

cu Stephan
Andre Ilausky
2005-03-18 15:36:42 UTC
Permalink
Post by Johannes Roehl
Irgendwo las ich, dass durch Musketenfeuer aus den Masten gezielt
versucht wurde, Offiziere auf dem quarterdeck zu treffen, sozusagen das
Hirn des feindlichen Schiffes.
Yep. Bekanntestes Opfer ist wohl Nelson. Aber ich glaube auch nicht,
dass es sooo schwer war, die Offiziere von den anderen zu
unterscheiden.
Post by Johannes Roehl
Der Ehrenkodex gebot, dass Offiziere
anhand ihrer Uniform klar erkennbar waren.
Ich bezweifle ohnehin, dass irgendein Offizier freiwillig die, äh,
Bekleidung der Mannschaft getragen hätte.
Post by Johannes Roehl
[...]. Dazu war ja ein Probleme die größere Reichweite der Kanonen der
Acheron. [...]
BTW: Mir ist zwar nicht ganz klar, auf welchem Buch der Film basieren
soll, aber in Band 10 der Buchserie ('The Far Side of the World') jagt
die HMS Surprise ein amerikanisches Schiff. War den Studiobossen dann
wohl doch zu heiss, also wurden Franzosen draus ;)
Andre Ilausky
2005-03-19 10:43:11 UTC
Permalink
[...] Auf Schiffen waren damals Verluste möglich, bei denen eine
Landeinheit sich aufgelöst hätte
Na ja, es gingen aber damals (um 1800) sehr, sehr viele Schiffe
verloren, weil sie der Gegner erbeutete. Ab einen gewissen Punkt macht
es einfach keinen Sinn mehr weiter zu kämpfen (-> striking the
colors), weil nicht mehr ausreichend Personal da ist um die Waffen zu
bedienen und das Schiff zu manövrieren und ausserdem einfach auch zu
viele Kanonen ausfallen und das Schiff anderweitig zu schwer
beschädigt ist.
Eine Landeinheit lief durchaus auch noch bei >60% Verluste in Reihe in
das Feuer des Feindes.
AFAIR haben die Briten bei Trafalgar weniger als 500 Mann verloren und
damit war die Gefahr einer Invasion abgewendet, wenn man da die
Schlachten an Land sieht...
(Beispiel "Redoubtale" bei Trafalgar,
"Revenge" bei den Azoren).
-v
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